Bisher haben wir berichtet über:
-unseren Sozialfonds
-unsere Fahrdienste
-unsere Mittwochsbetreuung
-unseren Besuchsdienst Pflegheim St. Maria
Die Erklärungen zu den obigen Sachverhalten waren relativ einfach, weil klare und einsehbare Situationen zu beschreiben waren. Ganz anders ist es zum Thema "Helferkreis Flüchtlinge". Hier wurden wir oft gefragt „warum tut ihr das“, wurden zustimmende Meinungen und Gegenmeinungen vertreten. Es ist unmöglich alle Zusammenhänge zu erfassen, die in den Herkunftsländern von Flüchtlingen zu deren Kommen geführt haben und genauso schwierig ist es, all die vielfältigen positiven aber auch negativen Auswirkungen der landesweiten Flüchtlingssituation zu beurteilen. Wir heißen weder Situationen wie sie in Sigmaringen, Ellwangen oder verschiedenen Großstädten herrschen gut, noch können wir die Augen verschließen vor den weltweiten menschenrechtlichen aber auch wirtschaftlichen Problemen. Sicher ist aber auch, dass wir uns nicht abschotten, nicht einigeln können und es auch nicht dürfen. Es kann nur gemeinsam gelingen, wenn tragfähige Kompromisse im Rahmen der Möglichkeiten von Staat und Gesellschaft angestrebt und gefunden werden, die letztlich dazu führen müssen, ein gutes Zusammenleben zu praktizieren. Hierzu einen kleinen Beitrag zu leisten war unser Ziel.
Nachdem nun seit der Ankunft der Menschen aus Eritrea in unserer Gemeinde zwei Jahre vergangen sind, wollen wir einmal zurückblicken was aus ihnen geworden ist, wie sie sich in unsere Gemeinde eingefügt haben, wer ihnen wie dabei geholfen hat, schlicht einfach hinterfragen, was es mit der politisch so groß angepriesenen „Integration“ in der täglichen „Lebenspraxis“ auf sich hat.
Zunächst ein Blick zurück:
Nachdem damals ja Verwaltungen wie Bürger, quasi über Nacht, von der Politik völlig unvorbereitet, mit den riesigen Flüchtlingsströmen fertig werden mussten und weil zunächst nur eine sehr oberflächliche Willkommenskultur propagiert wurde, die dann, nach den Ereignissen in Köln, geradezu ins Gegenteil umgeschlagen hatte, waren es eine große Zahl an real handelnden Freiwilligen, die versuchten, den zu uns kommenden Menschen und damit auch den Verwaltungen und dem Staat zu helfen. Während die Politiker, aus welchen Gründen auch immer, noch versuchten möglichst alles klein zu reden, war jedem Normalbürger damals bereits klar, dass es eines riesigen personellen und finanziellen Aufwands bedarf, dass es zwangsläufig Probleme gibt, dass Integration viel mehr bedeutet als nur kurzfristige Unterbringung der geflohenen Menschen, dass wirkliche Integration Jahre, um nicht zu sagen Jahrzehnte dauern wird. Seither bemühen sich bundesweit tausende freiwillige Helfer zusammen mit den zuständigen Verwaltungen, diese große Aufgabe zu bewältigen. Seltsam ist, dass man von den Parteien und Parteipolitikern bis herunter auf Ortsebenen, außer den Anfangsstatements mit schönen Pressebildchen und den später folgenden, sicher notwendigen Sicherheitsdebatten, inhaltlich so gut wie nichts mehr zum Thema Flüchtlinge gehört hat. Anstatt sich mit den Bürgern ehrlich auseinander zu setzen, über Gründe der Aufnahmen und Grenzen der Möglichkeiten zu diskutieren, sowohl mit den Bürgern als auch mit den Flüchtlingen tiefschürfend über zukünftige Lösungen zu reden, scheinen die Politiker in der Mehrzahl wie vom Erdboden verschwunden zu sein, jeder weicht dem Thema aus.
Was war bei uns:
Wir wollten nicht ausweichen sondern uns um die Menschen, die zu uns kamen kümmern, weil auch sie zwangsläufig Teil unserer Dorfgemeinschaft geworden sind. Uns geht es, neben der Hilfe zur Selbsthilfe auch darum, Verständnis für die Menschen, die zu uns kamen zu erhalten, zu erreichen, dass bei diesem tatsächlich schwierigen Thema, von dem Menschen auf beiden Seiten unmittelbar betroffen sind, differenziert wird und keine Pauschalurteile vorgenommen werden. Zunächst geht unser Dank deshalb an die Bürgerschaft, die uns unterstützte und die sehr wohl erkannte, dass unsere Eritreer guten Willens sind. sich in unser Dorf zu integrieren. Besonderer Dank gilt dem Helferkreis und den Eheleuten Schreiber, deren Haus als persönliche und organisatorische Kommunikationsdrehscheibe dient, aber auch den Herren Stützle, Bea und Kaufmann sowie den Bauhofleuten der Gemeinde für die Hilfen im Rahmen ihrer Möglichkeiten.
Um nachvollziehen zu können was in den zwei Jahren geleistet wurde, muss man wissen, dass unsere Eritreer bei der Ankunft in Deutschland nicht nur keine Silbe Deutsch konnten sondern auch keiner sonstigen Fremdsprache mächtig waren und keinen Beruf hatten. Nach vorbereitenden, von Ehrenamtlichen gegebenen Erst-Sprachkursen in Mengen, war es die Hauptaufgabe unserer Betreuer, die Wissensvermittlung der Integrationskurse, insbesondere in Deutsch, zu begleiten und zu vertiefen. Eine sehr mühsame aber dankbare Aufgabe, deren Ergebnisse sich sehen lassen können. Daneben galt es, unseren neuen Mitbürgern das Alltags- und Zusammenleben in unserer Dorfgemeinschaft zu erklären, sie z.B. bei Arztbesuchen, Behördenterminen, vor allem dem Jobcenter, zu begleiten, die Inhalte amtlicher Schreiben zu erklären, mit Schulen und Arbeitgebern zu sprechen, ohne sie aber, das war uns wichtig, zu „bemuttern“. Auch im Freizeitbereich erhalten sie nach wie vor von privater Seite immer noch Angebote zur sinnvollen Freizeitgestaltung und Hilfestellungen aller Art. Es kann aber auch mit Fug und Recht gesagt werden, dass sich die Flüchtlinge selbst außerordentlich bemühten, ihren Teil dazu beizutragen, sich tatsächlich bei uns zu integrieren.
Der größte Schritt für sie war und ist der Erhalt einer Arbeits- oder Ausbildungsstelle. Deshalb wollen wir uns hier ganz besonders bei nachfolgenden Firmen bedanken:
Stehle, Mechanische Werkstätte GmbH
Gerold Lutz, Präzisionsteile
Arnold, Metallbearbeitung
BEKUMA Kunststofftechnik
Stiftung Liebenau, Leben im Alter
Nusser, Pulverbeschichtungen
Nach Rücksprache mit allen Firmenleitungen erhielten wir positive Aussagen:
„Die Menschen aus Eritrea und Nigeria werden als sehr willig/zuvorkommend und gleichzeitig angenehm zurückhaltend, sowie als sehr wissbegierig geschildert, wobei die Sprache, vor allem im Bereich der Berufsausbildung (Lehrlinge), trotz aller Bemühungen noch erhebliche Probleme bereitet. Dass sie sich der für sie ungewöhnlich straff organisierten Arbeitszeit anpassen müssen. wissen sie, wobei ihnen auch hinsichtlich der Pünktlichkeit absolute Korrektheit bescheinigt wird. Man merke, dass die Leute wollen.“
Alle Firmenchefs betonten, dass sie es nicht bereuen die Flüchtlinge eingestellt zu haben und dass es für sie unverständlich wäre, wenn sie nicht bei ihnen bleiben dürften. Hier muss man allerdings sehen, dass bzgl. des Status und damit des Bleiberechts unterschiedliche Rechtslagen bestehen. Während die Menschen aus Eritrea, aufgrund der politischen Situation in ihrem Heimatland, durch das Asylrecht einen besonderen Schutz genießen, ist die Situation für die aus Nigeria sehr schwierig. Hier wäre das schon lange angekündigte, aber wohl aufgrund parteipolitischer Auseinandersetzungen bis jetzt nicht realisierte Einwanderungsgesetz sehr hilfreich. Für drei der sechs ursprünglich bei uns angekommenen Eritreer ist vor allem das Gelingen des Familiennachzugs der größte Wunsch.
Wie aus den wenigen Beispielen erkennbar, hat auch bei uns ein Handeln oder Nichthandeln der Politik entsprechend direkte Auswirkungen, sowohl für die Flüchtlinge, als auch für deren Arbeitgeber. In vielen Gesprächen, die wir bezüglich der Flüchtlinge auch mit Bürgern unserer Gemeinde geführt haben, wird bemängelt, dass die Politik derzeit keinerlei Orientierung bietet, keine verlässlichen Handlungsweisen erkennen lässt, weil offensichtlich partei- und wahltaktische Überlegungen sozial-menschlichen und rechtlich-sachlichen Grundsatzentscheidungen entgegenstehen. Dies ist umso unverständlicher, als dass es ja nicht um irgendwelche Sachentscheidungen, sondern um Menschen geht, nämlich um die Flüchtlinge einerseits aber auch um die Interessen der Bürger andererseits. Im Sinne beider Interessenlagen sollten Lösungen gesucht, gefunden und dann auch konsequent vertreten werden, die neben dem im Grundgesetz verbrieften Asylrecht auch für andere, die sich zum Teil schon jahrelang bei uns aufhalten, zur Schule gehen oder die einen Arbeitsplatz haben und zur Zufriedenheit ihrer Arbeitgeber ausfüllen, gelten müssen. Es kann also nicht nur darum gehen, wie und wer in Zukunft in unser Land kommen kann, sondern auch darum, wer von den bisher zu uns gekommenen bleiben kann bzw. darf. Unter der Unübersichtlichkeit und den Spätfolgen der damals völlig unvorbereiteten Politikwende, zu deren Folgen leider niemand stehen will, dürfen nicht generell alle leiden. die man damals willkommen geheißen hat. Das wäre unglaubwürdig, unmenschlich und unfair.
Dass dies alles nicht einfach ist, dass schwierige Einzelfallentscheidungen getroffen werden müssen, dass vor allem die Rechtslage sehr unterschiedlich ist und es deshalb immer unterschiedliche Einschätzungen darüber gibt was gerecht oder menschlich vertretbar ist, ist nachvollziehbar. Ebenso der Unmut darüber, dass es bis jetzt nicht einmal gelungen ist, alle anstehenden Fälle aufzugreifen und einer Entscheidung zuzuführen. Auch das sind menschliche Situationen, die im Interesse der Betroffenen ebenso wie im Interesse der Allgemeinheit einmal angegangen werden müssen.
Wir können vor Ort nur dazu beitragen, dass die Menschen, die voraussichtlich bleiben können oder dürfen, bei uns Fuß fassen und sich in unserer Dorfgemeinschaft wirklich integrieren können. Dazu gehört beidseitiges Verständnis ebenso wie der Versuch, möglichst objektiv-tiefschürfend und nicht nur pauschal–emotional zu diskutieren und zu handeln. Dazu gehört auch, dass wir als menschliche Gemeinschaft auch die weltweit schlimme Situation für viele Menschen berücksichtigen müssen und in der Erkenntnis leben und handeln, dass wir Glück hatten hier geboren worden zu sein. Gerade in einer globalisierten Welt die, wie ein bekannter Wissenschaftler es schon vor Jahrzehnten formulierte, zu einem großen „Dorf“ geworden ist, in dem die einen von den anderen abhängen und in dem uns die Verhältnisse klar vor Augen geführt werden, kann man nicht mehr so tun als ginge uns das nichts an. Ganz deutlich ausgedrückt heißt das, dass wir uns nicht nur aus reinem Mangel Menschen aus anderen Ländern, wie z.B. Ärzten, Pflegepersonal, Ingenieuren und auch Pfarrern oder gar Starfußballern bedienen können und dürfen, sondern dass wir nicht nur aus Gründen der Mitmenschlichkeit, sondern auch der absoluten Notwendigkeit des gemeinsamen Überlebens auf unserem Planeten gefordert sind, diese Probleme auch gemeinsam zu lösen. Hier gangbare und vertretbare Lösungen zu finden bedarf es einer Politik die im Konsens einen Weg finden und ihn auch vertreten muss, sowie einer Allgemeinheit, die bereit sein muss, ihn gemeinsam zusammen mit den zu uns gekommenen und noch kommenden Menschen zu gehen.
Das und nichts Anderes hat unsere Helfergruppe bisher sehr engagiert, aber auch realistisch angegangen. Diesen Helferinnen und Helfern und allen Unternehmern, die sich wirklich viel Mühe um ihre ausländischen Mitarbeiter machten und machen, nochmals herzlichen Dank.
Franz Ott
Sozialpunkt Göge
Hauptstraße 8
88367 Hohentengen
Tel.: 07572/4958810
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